Wie geht gute Gesundheitspolitik?

Veröffentlicht am 05.12.2010 in Landespolitik

Ich hoffe, dem Gesundheitswesen wird es nicht gelingen, die Gesundheit zu zerstören. (Dr. Dieter Zargel)

Trotz der winterlichen Verhältnisse war der Themenabend mit Thomas Reusch-Frey in Marbach gut besucht. Herr Prof. Dr. Heyes, Chefarzt i.R. eröffnete die Diskussion mit der Feststellung: „Das Gesundheitswesen ist ein chronischer Patient“. Je besser die Medizin, desto mehr Krankheiten seien im Alter zu verzeichnen. Statistisch gesehen benötige jeder Bürger in den letzten 15-25 Jahren seines Lebens ärztliche Begleitung. Jedoch relativierte er den Begriff Kostenexplosion, der gerne in diesem Zusammenhang gebraucht wird. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt sei nur ein moderater Anstieg der Gesundheitskosten zu verzeichnen. Diese fiele in der USA wesentlich höher aus, obwohl deren Gesundheitswesen nicht mit unserem gemessen werden könne. Er beklagte, dass die Hinwendungsmedizin zu Lasten der Hochleistungsmedizin vernachlässigt werde. Mehr Bürokratie und ein höherer Durchlauf in den Kliniken führten zu extremen Mehrbelastungen des Klinikpersonals. Exemplarisch nannte er die Zahlen einer chirurgischen Abteilung, die im Jahr 1995 noch 1.700 OP’s durchführte bei 90 Betten und einer Liegezeit pro Patient von 12 Tagen und im Jahr 2009 bei 50 Betten und einer Liegezeit von durchschnittlich 3,5 Tagen pro Patient 4.200 OP’s auf dem Plan hatte. Darüber hinaus drohe bis 2020 ein gravierender Ärztemangel, nicht zuletzt deshalb weil qualifiziertes Personal ins Ausland abwandere.

Herr Dr. Dieter Zagel, niedergelassener Arzt in Marbach, berichtete, dass er zuvor viele Jahre Oberarzt im Krankenhaus Marbach, Abt. Chirurgie war. Als niederge-lassener Arzt beklagt er vorrangig die Zunahme des Verwaltungsaufwands. Die Menschlichkeit verschwinde zusehends zugunsten von Listen und Kontrollen. Die Bürokratie verschlinge das vorhandene Geld der Patienten.

Oliver Reken, stellvertretender Vorstand mhplus bkk Ludwigsburg stellte fest, dass die Krankenkassen es mit sehr unterschiedlichen Interessen zu tun haben. Er forderte, dass „alles für alle - aber für alle alles gleich“ der Grundsatz der Verteilung sein müsse. Hierfür müsste ein finanzierbares System mit entsprechender Qualität geschaffen werden.

„Das Gesundheitssystem in Deutschland ist relativ gut“, bekannte Dr. Andrea Grebe, medizinische Geschäftsführerin der Kliniken Ludwigsburg/Bietigheim. Sie lobte die Kreisverwaltung für ihr Bekenntnis zu den Standorten Ludwigsburg/Bietig-heim/Marbach. Die Kliniken müssten neben den notwendigen Einsparungen auch die Tarifverträge umsetzen. Deshalb sei eine breite Diskussion notwendig auch darüber wie Synergieeffekte genutzt werden könnten. Sie plädierte für Gesundheitszentren, Ärztehäuser und den Verbleib in der kommunalen Verwaltung.