IG-Metaller gegen Arbeit „als Ramschware”

Veröffentlicht am 01.05.2011 in Presseecho

Thoma Reusch-Frey (von links), Annette Grimm und Manfred Schwarz stoßen bei der Vormaifeier der SPD an.

Marbacher Zeitung vom 30.04.2011

Steinheim Bei SPD-Vormaifeier ist auch über eigene Verfehlungen beim Arbeitnehmerschutz geredet worden. Von Christian Kempf

Der Wein war bereits ausgeschenkt, eine große SPD-Flagge flatterte vor dem Rathaus, es fehlte nur noch der Gastredner Manfred Schwarz. Doch der Gewerkschaftssekretär der IG Metall, Stuttgart Nord, musste sich zunächst durch den dichten Verkehr kämpfen, ehe er kurz nach 18 Uhr im Foyer des Steinheimer Verwaltungssitzes eintraf - der an diesem Freitagabend in der Hand der Sozialdemokraten war, die ihre traditionelle Vormaifeier abhielten. Im Mittelpunkt der Veranstaltung, mit der stets das Engagement von Betriebsräten gewürdigt werden soll, stand das Thema „prekäre Arbeit”.

Manfred Schwarz kritisierte in seiner Rede, dass sich diese in Deutschland immer weiter ausweite. Die Beschäftigtenzahlen in der Leiharbeiterbranche seien seit 2003 angestiegen. Das einstmalige Versprechen, dass daraus reguläre Verträge werden sollten, sei nicht gehalten worden. Vielmehr seien in der Wirtschaftskrise auf einen Schlag 250 000 Leiharbeiter vor die Tür gesetzt worden. Heute werde in diesem Bereich das Personal zwar wieder aufgestockt, aber nur, um auf diesem Weg „Stammarbeitsplätze zu ersetzen und Kosten zu senken”, sagte Manfred Schwarz.

Unter dem Strich würden durch dieses Phänomen die Sozialkasten belastet, das Risiko der Altersarmut verschärfe sich erheblich. Und weniger verdienen würden diese Kräfte ohnehin. „Immer mehr Menschen können von ihrer Arbeit nicht mehr leben”, fasste der Gewerkschafter zusammen, der zudem die Nichtübernahme von Auszubildenden und den Trend zu befristeten Arbeitsverhältnissen kritisierte. Manfred Schwarz forderte, dass Arbeit nicht zur Ramschware werden dürfe.

Allerdings gab es gestern unter den rund 25 Gästen auch den einen oder anderen, der die SPD bei dieser Entwicklung als nicht ganz unschuldig ansah. „Schröder und Co. haben uns das eingebrockt”, sagte beispielsweise ein Genosse, der im Besigheimer Ortsverband organisiert ist. Ein anderer merkte an, dass an der Basis keine Diskussionen mehr geführt würden, sondern alles von oben abgenickt werde. Ein Schuh, den sich die Steinheimer Ortsverbandsvorsitzende Annette Grimm nicht anziehen wollte. Die SPD habe damals durch ihre Gesetzgebung zwar die Tür geöffnet. Was aber in den vergangenen Jahren passierte, sei nicht mehr der SPD anzulasten. Und was die Diskussionskultur angehe, schlug sie vor, sich vor Ort zu engagieren, um etwas zu bewegen. Das empfahl auch Guido Seitz, der Chef der Genossen aus dem benachbarten Murr.

Der künftige SPD-Landtagsabgeordnete Thomas Reusch-Frey erinnerte daran, dass mit der Leiharbeit ursprünglich die Spitzen abgedeckt werden sollten. „Es ging dann aber in die falsche Richtung.” Umso wichtiger sei es, die damalige Gesetzgebung zu korrigieren. Der SPD sei daran gelegen, die Basis stärker einzubinden. „Die SPD hat aus dem gelernt, was geschehen ist”, ist auch Manfred Schwarz von einem Kurswechsel überzeugt. Insofern überlege er sich, nachdem er wegen der „schröderschen Basta-Politik” der Partei den Rücken gekehrt hatte, wieder einzutreten.