Bericht vom Seniorentreffen im Februar

Veröffentlicht am 08.02.2010 in AG 60plus

Senioren und Finanzkrise

Beim ersten Treffen im neuen Jahr blickte der Vorsitzende Horst Löbner zuerst auf das vergangene Jahr zurück. Die Steinheimer SPD-Seniorinnen- und Senioren trafen sich fünfmal im Nebenzimmer des Gasthauses Rose und sechsmal in der Seniorenbegegnungsstätte. Es wurden wieder europa-, bundes-, landes- und kommunalpolitische Themen behandelt, eifrig diskutiert und darüber regelmäßig in den Steinheimer Nachrichten und auf der Internetseite des Ortsvereins berichtet. Re-ferenten waren Ortsvereinsvorsitzende Annette Grimm, Stadträtin Regina Traub, Bundestagskan-didat Thorsten Majer, Ortsvereins-Vorstandsmitglied Friedmar Sonntag und Horst Löbner. Leider mussten wir im September unseren treuesten Teilnehmer und früheren langjährigen Vorsitzenden Wilhelm Hausner verabschieden, weil er aus gesundheitlichen Gründen an unseren Treffen nicht mehr teilnehmen kann.

Jürgen Hengstberger, Filialdirektor der Kreissparkasse in Steinheim, referierte zum Thema „Senioren und Finanzkrise“. Er befasste sich zuerst mit der Entstehung der Krise. Durch sehr niedrige Leitzinsen in den USA wurden günstige Kredite für Eigenheime vergeben. Die Banken verkauften diese Kreditforderungen an Zweckgesellschaften. Diese bündelten diese Forderungen zu Wertpa-pieren. Diese Wertpapiere wurden von Ratingagenturen (=Agentur, die die Bonität u.a. von Wert-papieren einschätzt) bewertet. Diese Papiere wurden zu neuen Bündeln geschnürt und an Investoren (Investmentbanken, Pensionsfonds, Hedgefonds) weiterverkauft. Die neuen Wertpapiere wurden außerdem an Privatanleger verkauft, die so wenig wie ihre Bankberater verstanden, welche Werte ihnen zugrunde lagen. Zu ergänzen ist noch, dass in den USA sich von 1995 bis 2007 die Hauspreise aufgrund der angeheizten Nachfrage verdoppelten!

Nachdem die US-Notenbank die Leitzinsen erhöhte, um die Inflation zu bremsen, erhöhten sich die Zinsen für die Hypotheken um 2%, das waren im Jahre 2008 zusätzliche Zinsforderungen in Höhe von 362 Milliarden US-Dollar (USD). Da viele ihre Hypotheken entsprechend der Wertsteigerung ihrer Häuser erhöht hatten, konnten sie die monatliche Rate nicht mehr bezahlen. Dazu kamen 900 Milliarden USD Kreditkartenschulden und 350 Milliarden USD Kfz-Darlehen. Wenn die Hypothekenraten ausbleiben, werden die Häuser zur Versteigerung ausgeschrieben und damit das Angebot erhöht, was zu weiterem Preisverfall führt. Ein Teufelskreis aus dem es kein Entrinnen gibt.

Folge war die Wirtschaftskrise in den USA. Dies hatte weltweite Folgen. Zum Beispiel sind die USA mit 20% unserer Ausfuhren eine unserer Hauptabnehmer. Die Finanzkrise hat bis Ende 2009 die Weltwirtschaft 7,3 Billionen EUR gekostet (je Erdbewohner 1 100 EUR!), davon 4,65 EUR Wertverlust bei Immobilien. Die deutsche Volkswirtschaft hat daran einen Anteil von 237 Milliarden (Mrd.) EUR, davon 133 Mrd. EUR Bruttoinlandsprodukt (2008/2009) und 104 Mrd. EUR Abschreibungen allein bei Banken. Die europäische Zentralbank verlieh am 24.06.2009 an die Banken 442 Mrd. EUR neues Geld auf ein Jahr, insgesamt gingen seit Beginn der Finanzkrise 1,5 Billionen EUR an private Banken. Dieses Geld sollte der Wirtschaft für Investitionen zur Verfügung gestellt werden. Doch die Banken kauften für das Geld der Zentralbanken Rohstoffe (z.B. Erdöl), Aktien und Immobilien, was diese verteuerten. Es ist jenen zugute gekommen denen diese gehören und nicht der produzierenden Wirtschaft!

Der Welthandel ging 2009 um 9,4% zurück. In Deutschland gaben die Verbraucher 7 Mrd. EUR weniger aus. Der Umsatzrückgang betrug bei Medien und Werbung 8%, Transport/Logistik und Au-tomobilwirtschaft je 20%. Bei IT und Technologie gingen die Aufträge um 30% zurück. Im Gesund-heitswesen entstand ein Defizit von 3,8 Mrd.

Was haben diese Ereignisse mit den Seniorinnen und Senioren zu tun? Bei der Finanzberatung wurde das Vertrauen älterer Menschen oft missbraucht: Schöne Renditen, kein Risiko, hohe Ver-fügbarkeit und Steuervorteile wurden versprochen. Der Rückgang der sozial-versicherungspflichtigen Beschäftigung (Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit) und damit der Einnahmen der Rentenversicherung wird dazu führen, dass die Renten 2010 und wahrscheinlich auch 2011 nicht steigen werden.

Was sollten Banken künftig in Bezug auf Senioren beachten? Die baulichen Anforderungen: Ebener Eingang, keine Stufen. Senioren schätzen ältere und damit erfahrene Mitarbeiter. Auf Schwerhörigkeit sollte Rücksicht genommen werden. Die Schrift in Formularen sollte gut leserlich sein. Das Merken von PINs ist ein großes Problem, hier sind Änderungen, z.B. Fingerabdruck längst überfällig. Wartende Senioren sollten sitzen können, die Toilette sollte gut sichtbar sein. Bankangestellte sollten etwas über Alzheimer-Demenz wissen. Klare Regeln schätzen Senioren: Z.B. sollten neue Kunden keine besseren Konditionen wie langjährige, treue Bankkunden bekommen.

Bei und nach den Ausführungen von Jürgen Hengstberger entspann sich eine lebhafte Diskussion. Einigkeit bestand darin, dass sich im Bewusstsein vieler Banken ihre dienende Funktion gegenüber ihren Kunden und der Wirtschaft verbessern muss.
Horst Löbner